Werkstatt-Dialog in kollegialer Atmosphäre
Traditionell lädt Tischlerrheinland-pfalz, der Landesinnungsverband des rheinland-pfälzischen Tischlerhandwerks, am Jahresanfang zum Frühlingsempfang ein – diesmal am vergangenen Samstag in die Schreinerei Dieterich in Tiefenbach. Rund 70 Vertreter aus Handwerk, Verbänden und Politik waren der Einladung in die Werkstatt des Traditionsbetriebs gefolgt, um sich über die Themen auszutauschen, die das Handwerk derzeit beschäftigen und die Werbetrommel für den Meisterpflicht im Bestattungshandwerk zu rühren. Mit der Kampagne „JA zum Bestattermeister – 2025“, die unter anderem von den Landesverbänden für das hessische und rheinland-pfälzische Bestatterhandwerk getragen wird kämpfen die Verbände im Jahr 2025 erneut für die Einführung der Meisterpflicht im Bestatterhandwerk.
Die Politik wurde angesichts der anstehenden Bundestagswahl beim Empfang keineswegs geschont – im Gegenteil: Stefan Zock, Verbandspräsident und Landesinnungsmeister, fand in seiner Eröffnungsrede
deutliche Worte an Marlon Bröhr MdB (CDU), Landrat Volker Boch, Landtagsabgeordneten Tobias Voigt (CDU), den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Simmern-Rheinböllen Michael Boos (SPD) sowie
Joachim Streit, MdEP (Freie Wähler) und mahnte eindringlich zu Bürokratieabbau. „Es ist höchste Zeit zu verstehen, dass wir im Handwerk Werte schaffen und nicht verwalten“, stellte Zock heraus
und geißelte exemplarisch das Lieferkettengesetz und die Grundsteuerreform als Beispiele für „Bürokratiemonster“ und „Maßlosigkeit.“ Damit werde den Handwerksbetrieben vor dem Hintergrund
rückläufiger Umsätze, einer mäßigen Auftragslage und Fachkräftemangel das Leben zusätzlich schwer gemacht.
Kein gutes Haar ließ er an der gescheiterten Ampelregierung. In den zurückliegenden drei Jahren habe sich gezeigt was passiert, „wenn grüne Ideologie regiert“. Deutliche Kritik äußerte er auch an der EU: „Der gesunde Menschenverstand in Brüssel ist eindeutig unterrepräsentiert.“ Die Bundestagswahl sieht Zock als Chance für einen Neuanfang. Der Verbandspräsident ermunterte die Gäste des Frühlingsempfangs, zur Wahl zu gehen. Auch Bernd Hammes, Geschäftsführer der Handwerkskammer Koblenz und Kreishandwerksmeister Alfred Wenz betonten in ihren Grußworten, wie wichtig es sei, Betriebe von Dokumentationspflichten zu entlastet entlasten. Bernd Hammes: „Es ist überfällig, dass der Unternehmer wieder Unternehmer sein darf.“
Landrat Volker Boch zeigte in seinem Statement Verständnis für die Sorgen der Handwerksbetriebe und bremste zugleich „Wir Kommunalpolitiker können keine Bürokratie abbauen. Bürokratie bedrückt
uns alle“, stellte er beispielhaft am für die Kommunen teuren und herausfordernden Thema Brandschutz dar. Zugleich versuche seine Verwaltung dort, wo es geht, unbürokratische Lösungen zu finden.
Sozialdemokrat und Bürgermeister Boos appellierte aufgrund der deutlichen Kritik an der Ampelregierung, nicht den rechten Rand zu wählen. In einem Impulsreferat mit dem Titel „Besserer Zugang –
weniger Bürokratie: Europa fit fürs Handwerk machen!“ analysierte der Europaabgeordnete der Freien Wähler Dr. Joachim Streit die Lage der Handwerksbetriebe. Seine Erklärung für die zunehmende
Bürokratie ist u.a. die Tatsache, dass „ein Großteil der Politik in den Städten gemacht wird.“ Die Bürokratie halte Handwerker weg vom Werkzeug und zwinge sie an den Schreibtisch. Er könne sich
mit der Idee eines Mindesthaltbarkeitsdatums für Gesetze anfreunden und ermunterte die Handwerksvertreter, bei Herausforderungen durch europäische Regelungen den Kontakt zu den Abgeordneten zu
suchen.
Für gute Laune sorgten beim Frühlingsempfang nicht nur die „Wandermusikanten“ mit Tuba, Posaune, Trommel und Trompete, sondern auch die Ehrungen in der Innungs- und Verbandsarbeit verdienter
Handwerker. So wurde Schreinermeister Manfred Dieterich aus Tiefenbach durch Obermeister Thomas Klemm von der Tischlerinnung Rhein-Nahe-Hunsrück zum Ehrenobermeister ernannt. Der
Hauptgeschäftsführer des Fachverbands Leben Raum Gestaltung Hermann Hubing zeichnete in seiner Funktion als Schulleiter der Bad Wildunger Holzfachschule, der größten privatwirtschaftlichen
Weiterbildungseinrichtung der Holzbranche in Deutschland, zudem Schreinermeister Robert Gedert von der Gedert Möbelwerkstatt aus Starkenburg mit dem Goldenen Meisterbrief aus. Gedert dankte für
die Auszeichnung und ermunterte die Gäste des Empfangs zu einem Perspektivwechsel: „Wir brauchen mehr Handwerker in der Politik.“ Die starke Partnerin des Fachverbandes, die SIGNAL IDUNA
Versicherung, hat auch in diesem Jahr beide Frühjahrsempfänge großzügig unterstützt und somit zum Erfolg dieser Veranstaltungen beigetragen.